Durch Urteil des BAG zum Az. 10 AZR 392/17 wurde klargestellt, dass für einen Arbeitnehmer die Berechtigung besteht, sich durch Rücktritt von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zu lösen, wenn der Arbeitgeber mit der Zahlung der Karenzentschädigung in Verzug ist. Die dieser Entscheidung zugrundeliegende Fallkonstellation ist in der Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 31.01.2018 anschaulich beschrieben:
„Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Februar 2014 als „Beauftragter technische Leitung“ zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt 6.747,20 Euro beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien war für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein dreimonatiges Wettbewerbsverbot vereinbart worden. Hierfür sollte der Kläger eine Karenzentschädigung iHv. 50 % der monatlich zuletzt bezogenen durchschnittlichen Bezüge erhalten. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der Eigenkündigung des Klägers zum 31. Januar 2016. Mit E-Mail vom 1. März 2016 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 4. März 2016 vergeblich zur Zahlung der Karenzentschädigung für den Monat Februar 2016 auf. Am 8. März 2016 übermittelte der Kläger an die Beklagte eine weitere E-Mail.
Hierin heißt es ua.:
„Bezugnehmend auf Ihre E-Mail vom 1. März 2016 sowie das Telefonat mit Herrn B. möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich ab sofort nicht mehr an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle.“
Mit seiner Klage macht der Kläger die Zahlung einer Karenzentschädigung iHv. 10.120,80 Euro brutto nebst Zinsen für drei Monate geltend. Er vertritt die Auffassung, sich nicht einseitig vom Wettbewerbsverbot losgesagt zu haben. Die Erklärung in der E-Mail vom 8. März 2016 sei lediglich eine Trotzreaktion gewesen.
Die Beklagte meint, durch die E-Mail vom 8. März 2016 habe der Kläger wirksam seinen Rücktritt erklärt. Das Arbeitsgericht hat der Klage vollständig stattgegeben.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil teilweise abgeändert und einen Anspruch auf Karenzentschädigung nur für die Zeit vom 1. Februar bis zum 8. März 2016 zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Zehnten Senat keinen Erfolg. Da es sich beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot um einen gegenseitigen Vertrag handelt, finden die allgemeinen Bestimmungen über den Rücktritt (§§ 323 ff. BGB) Anwendung. Die Karenzentschädigung ist Gegenleistung für die Unterlassung von Konkurrenztätigkeit. Erbringt eine Vertragspartei ihre Leistung nicht, kann die andere Vertragspartei vom Wettbewerbsverbot zurücktreten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Ein Rücktritt wirkt dabei ex nunc, dh. für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung entfallen die wechselseitigen Pflichten.
Die Beklagte hat die vereinbarte Karenzentschädigung nicht gezahlt, der Kläger war deshalb zum Rücktritt berechtigt. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe mit seiner E-Mail vom 8. März 2016 wirksam den Rücktritt vom Wettbewerbsverbot erklärt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Damit steht ihm für die Zeit ab dem 9. März 2016 keine Karenzentschädigung zu.“
Beraterhinweis:
Für die Arbeitgeberseite bedeutet diese Entscheidung, die Karenzentschädigung stets unter strenger Einhaltung der monatlichen Zahlungstermine zu leisten, wenn das vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsverbot durchsetzbar bleiben soll. Für den betroffenen Arbeitnehmer gilt es in diesem Zusammenhang, Erklärungen zur Geltung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots stets nur mit Bedacht und größter Sorgfalt bzw. erst nach vorheriger Einholung von Rechtsauskünften abzugeben.